Soforthilfe nach Vergewaltigung: Medizinische Versorgung ohne Anzeigeerfordernis

Der Fachdienst Frauen und Chancengleichheit des Landkreises Waldeck-Frankenberg und der Runde Tisch „Gemeinsam gegen häusliche Gewalt“ setzen gemeinsam mit der Gynäkologie des Kreiskrankenhauses Frankenberg ein starkes Zeichen gegen sexualisierte Gewalt. Seit 2016 ist der Landkreis eine von 14 Modellregionen in Hessen, die Betroffenen nach einer Vergewaltigung eine sofortige medizinische Versorgung bieten – ohne, dass die Betroffenen die Tat polizeilich anzeigen müssen.

In der Gynäkologie des Kreiskrankenhauses Frankenberg bietet das Team einen vertrauensvollen Anlaufpunkt für Frauen nach einer Vergewaltigung. Dort werden sie diskret mit der entsprechenden notwendigen medizinischen Hilfe versorgt und einfühlsam betreut. Die Spuren der Tat werden in der Gerichtsmedizin in Gießen bis zu einem Jahr anonymisiert aufbewahrt, so dass Betroffene auch zu einem späteren Zeitpunkt noch Anzeige erstatten können. „Unser Ziel ist es, den Betroffenen den Weg zu einer vertraulichen und umfassenden gesundheitlichen Behandlung zu ebnen. Auf Wunsch sichern unsere Spezialistinnen und Spezialisten Verletzungen und Spuren der Tat, die anschließend ein Jahr lang aufbewahrt werden. Diese Möglichkeit gibt den Frauen die Zeit und den Raum, selbst zu entscheiden, ob und wann sie eine Anzeige erstatten möchten“, sagte Karl-Friedrich Frese, Erster Kreisbeigeordneter des Landkreises Waldeck-Frankenberg.

Im Jahr 2023 wurden im Landkreis insgesamt 16 Vergewaltigungen zur Anzeige gebracht. Diverse Studien zeigen jedoch auf, dass lediglich rund fünf bis fünfzehn Prozent der Frauen eine Vergewaltigung anzeigen und sich auch nicht immer behandeln lassen. „Die medizinische Versorgung ist wichtig, um Verletzungen zu behandeln und Gesundheitsrisiken auszuschließen und den Betroffenen Sicherheit zu geben. Mein Appell an alle Betroffenen: Vertrauen Sie sich uns an – wir bieten Ihnen einen sicheren Ort und eine einfühlsame Behandlung“, erklärte Oberärztin Gabriele Schalk. „Statistisch gesehen ist von 160 Betroffenen auszugehen. Wir unterstützen daher diese wichtige Initiative des Landkreises aus voller Überzeugung. Wir möchten den betroffenen Frauen eine Stimme geben und ihnen zeigen, dass sie nicht allein sind und hier im Kreiskrankenhaus die wichtige medizinische Versorgung erhalten“, ergänzte die Geschäftsführerin des Kreiskrankenhauses Margarete Janson.

Je bekannter das Angebot der medizinischen Soforthilfe nach Vergewaltigung, desto eher kann Betroffenen geholfen werden. Daher werden Infopostkarten, kombiniert mit kostenfreien Menstruationsprodukten, in den Apotheken des Landkreises und weiteren Institutionen ausgelegt. „Es war uns wichtig, die Informationen zur medizinischen Soforthilfe mit einem praktischen Nutzen zu verbinden. Diese Infopostkarten, die auf der Rückseite einen Tampon enthalten, ermöglichen es, im Ernstfall wichtige Informationen griffbereit zu haben. Gleichzeitig möchten wir durch die Verteilung der kostenlosen Periodenprodukte darauf aufmerksam machen, dass manche Personen sich keine Menstruationsprodukte leisten können und Betroffene direkt unterstützen“, erklärte Miriam Drüppel vom Fachdienst Frauen und Chancengleichheit. Die Periodenprodukte werden zu einem großen Teil von der Firma Periodically kostenlos bereitgestellt. Die Firma Periodically setzt sich dafür ein, Periodenprodukte für alle zugänglich zu machen und die Menstruation zu enttabuisieren.

Unterstützt wird die Initiative durch das Hessische Ministerium für Soziales und Integration und den Hessischen Apothekerverband e. V. Weitere Informationen zu diesem Thema gibt es auf der Internetseite www.soforthilfe-nach-vergewaltigung.de


Bildunterschrift:

(v.l.n.r.) Inhaber der Eder-Apotheke, Dr. Johannes Benner, Miriam Drüppel und Beate Friedrich vom Fachdienst Frauen und Chancengleichheit, Geschäftsführerin des Kreiskrankenhauses in Frankenberg Margarte Janson und Erster Kreisbeigeordneter Karl-Friedrich Frese. Foto: Kreiskrankenhaus Frankenberg


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Frauen und Chancengleichheit